Buchdeckelfragment - Auferweckung des Lazarus
Ein Elfenbeinrelieftäfelchen in den Berliner Staatlichen Museen, Preußischer Kulturbesitz, versetzt den Betrachter in Erstaunen, da sich auf ihm eine erstaunlich differenziert und klar aufgebaute Darstellung mit insgesamt neun Personen auf einer nur 10,5 x 8,8 cm großen Fläche findet. Die Darstellung versucht dabei nicht das Geschehen möglichst breit zu schildern, sondern konzentriert sich auf den Moment, in dem Jesus Lazarus aus dem Grab ruft. Das Wegheben des Steines und das Entfernen der Leichenbinden, die - ebenso wie das Heraustreten des Lazarus aus dem Grab - auf Jesu Veranlassung geschehen, sind beiseite gelassen. Die Darstellung gilt dem Moment, in dem der Tote ins Leben zurückkehrt. Jesus steht links, von drei Jüngern begleitet, und streckt seinen rechten Arm in Richtung Grab aus. Lazarus steht ohne Hilfe anderer Menschen in der Öffnung des Grabes. Sein Blick ist auf Jesus gerichtet und ignoriert die neben dem Grab Stehenden (einschließlich der Handlung des vorn Stehenden, der sich die Nase zuhält). Die im Bild erzeugte Spannung liegt in der Wirkung von Jesu Aufforderung: "Lazarus, komm heraus!". Die Reaktionen der Menschen sind verschieden: die Jünger diskutieren, die Schwestern des Lazarus beten an, die neben dem Grabbau Stehenden interessieren sich nur für die Nebenerscheinungen des Geschehens wie den Leichengeruch. Die klug inszenierte Darstellung kann somit auf keine ihrer neun Personen verzichten. Leider ist nicht bekannt für welche Handschrift das byzantinische Relief des 10. Jahrhunderts verwendet wurde. Ein Evangeliar erschiene sehr passend.