Matronenstein
Im Sommer 1909 wurde bei Nettersheim (Kreis Euskirchen) eine Tempelanlage aus römischer Zeit ausgegraben. Sie umfaßt drei Gebäude, die innerhalb einer quadratischen Ummauerung (Temenos) liegen. Ein viertes liegt außerhalb. Das größte der drei Gebäude innerhalb der Ummauerung besaß eine umlaufende Außenhalle. Zwischen den Holzsäulen bzw. -pfosten, die das Dach dieser Halle stützten, waren Weihedenkmäler aufgestellt. Unter anderem ein rechteckiger Stein, der in seinem oberen Teil die Form einer Ädikula hat. Unter seinem Giebeldach sitzen drei Matronen auf einer Bank, eine jüngere in der Mitte, zwei ältere, die sie flankieren. Sie halten kleine Körbchen und Früchte in ihren Händen. Auch die Seitenflächen zeigen Früchte und Speisen. Der Weihestein, dessen Abguß nach Halle gelangte, stammt von einem Beneficiarier, einem von den munera befreiten Soldaten, dem für eine bestimmte Zeit die Aufsicht über einen Straßenkreuzungsposten oblag und der am Ende seiner Amtszeit diesen Stein stiftete. Marcus Pettronius Patroclus weihte den Stein am Ende des 2. Jahrhunderts den Aufanischen Matronen. Matronen, weibliche Gottheiten, die häufig in der Dreizahl verehrt werden, sind im Gebiet des Niederrhein zu dieser Zeit sehr verbreitet. Es sind jedoch nur von den Aufanischen Matronen zwei Kultzentren, eines in Bonn und eines in Nettersheim, bekannt. Verehrt wurden sie vorwiegend von Soldaten oder höherstehenden bürgerlichen Personen, nicht wie sonst für die Matronenverehrung oft angenommen, von der ländlichen Bevölkerung. Dennoch sind auch bei ihnen die Weihegaben Früchte und Speisen. Der Grund für die Aufnahme eines solchen Werkes in eine Sammlung für Christliche Archäologie und Kirchliche Kunst liegt (wie auch beim Weihestein für die Dea Nehalenia) zum einen im Interesse an religionsvergleichenden Betrachtungen und zum anderen in dem Bemühen, die religiöse Situation in der Zeit der Herausbildung christlicher Gemeinschaften bis in die Provinzen des Reiches zu erhellen.