Grabplatte des Wichmann von Seeburg
Etwa vierzig Jahre nach der Bronzegrabplatte des Erzbischofs Friedrich von Wettin entstand in der Magdeburger Gießhütte eine weitere Grabplatte. Doch wen stellt sie dar? Auch wenn der Bezug nicht zweifelsfrei hergestellt werden kann, wird fast durchgängig der unmittelbare Amtsnachfolger des Friedrich von Wettin Wichmann von Seeburg angenommen. D. h. die Bronzewerke werden als Grabplatten zweier Männer, die zeitnah dasselbe Amt inne hatten, angesehen. Inwieweit lassen sich beide miteinander vergleichen? Es fällt bei der Betrachtung sehr schnell auf, daß die Haltung des Wichmann von Seeburg entspannter ist. Seine Finger halten den Krummstab, umklammern ihn aber nicht, sein Haupt ist leicht geneigt, der Gewandstoff fällt weicher und natürlicher. Es ist auf geritzte Binnenzeichnungen verzichtet, vielmehr erhalten die Falten mehr Spiel und lockern die strenge symmetrisch angelegte Darstellung auf. Die Figur ist wesentlich weicher und plastischer formuliert. Auch hier scheint - ohne die detailgetreue Wiedergabe im Sinne eines Porträts anzustreben - ein stringentes "Persönlichkeitsbild" vor Augen gestellt. Wie hat Wichmann von Seeburg sein Amt als Erzbischof von Magdeburg von 1152-1192 geführt? Auch er vermehrte - wie es für seinen Vorgänger angenommen wird - den Landbesitz des Erzbistums. Er war jedoch auch auf die Organisation des Zusammenlebens der Menschen in demselben bedacht und ließ 1188 vorhandene Privilegien und Gewohnheitsrechte zum sog. "Magdeburger Recht" zusammenfassen, das in der Folgezeit an zahlreiche Städte verliehen wurde und lange gültig blieb. Ferner wird ihm, einem engen Vertrauten Kaiser Friedrich Barbarossas, maßgeblicher Anteil am Zustandekommen eines Friedens zwischen Kaiser und Papst im Jahr 1177 in Venedig zugeschrieben. Diese Akzente und Erfolge lassen seine Wirksamkeit in einem anderen Licht als die seines Vorgängers (und seines Nachfolgers) im Amt erscheinen und decken sich mit der Darstellungsweise der Person auf der Grabplatte.